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Foto: Andreas Kessler

Auf ein Wort mit dem Malion Quartett

Alex Jussow (Violine I), Jelena Galić (Violine II), Lilya Tymchyshyn (Viola) und Bettina Kessler (Violoncello) sind zusammen das Malion Quartett. Beim Deutschen Musikwettbewerb 2022 wurde das Ensemble von der Deutschen Stiftung Musikleben mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Am 6. Dezember 2022 treten die vier jungen Musiker:innen im Rahmen eines Adventskonzertes im Körber Forum in Hamburg auf. Wir haben dies zum Anlass genommen, ein paar Fragen an das Streichquartett loszuwerden….

 

Deutsche Stiftung Musikleben (DSM): Kammermusikpartnern:innen für eine langfristige Zusammenarbeit zu finden, ist gar nicht so einfach… Wie habt Ihr Euch kennengelernt und wie kam es zur Gründung des Malion Quartetts? 

Jelena Galić für das Malion Quartett: In unserem Fall beruht die Gründung auf einer scheinbar unmöglichen Konzertanfrage: Unsere Cellistin suchte drei ebenso besessene Mitspieler:innen, um innerhalb einer Woche Ravels Streichquartett zu erlernen und zur Aufführung zu bringen. Als wir uns dann vor zwei Jahren in der aktuellen Besetzung spielerisch kennengelernt haben, haben wir dafür Beethovens Opus 131 gewählt. Hierbei kommt man sich nahe wie bei keinem anderen Werk. Die Erlebnisse während der drei Probentage und des Konzerts am Ende dieser Tage waren ausschlaggebend, in dieser Besetzung Streichquartett als beruflichen Weg zu gehen.
Es ist für uns ein besonderes Glück und Geschenk, diese intensiven, musikalischen Momente nicht nur auf der Bühne mit dem Publikum, sondern täglich in einer so engen und besonderen Gemeinschaft fernab von Leistungsdruck und Zwängen miteinander teilen zu dürfen.

DSM: Lilya, du bist schon länger Stipendiatin der Stiftung. Vor mittlerweile fast sechs Jahren hast du dir eine Vuillaume-Bratsche beim Wettbewerb des Deutschen Musikinstrumentenfonds erspielt. Wie würdest du die gemeinsame Zeit mit deiner Bratsche beschreiben und wie erlebst du das Instrument im Zusammenspiel mit dem Quartett?

Lilya Tymchyshyn: Ich liebe diese Bratsche. Schon von Beginn an hat mich der Reichtum an Klangfarben und die unglaubliche Tragfähigkeit des Klangs fasziniert. In den letzten zweieinhalb Jahren kamen noch einmal ganz neue spannende Aufgaben hinzu: das Erlernen von 40 Streichquartetten, zahlreiche Konzerte und eigene Projekte, Aufnahmen und vieles mehr.
Am Anfang der Pandemie, als alle Konzerte abgesagt wurden, konnten wir mit dem Quartett durch die freie Zeit täglich stundenlang so intensiv wie nie zuvor proben und üben. Hier hatte ich so viel Spaß mit dem Instrument, denn ein gutes Instrument hat die Fähigkeit, täglich zu inspirieren.
Im Quartettspiel gibt es viele verschiedene Rollen: mal bin ich Solistin, mal Duett-Partnerin, mal Rhythmikerin, mal Bass – ich empfinde es so, dass diese besondere Bratsche in jeder Rolle zu Hause ist und regelrecht für das Quartettspiel geschaffen ist. Ohne diesen Weg hätte ich das außerordentliche Potenzial der Vuillaume-Bratsche bestimmt nicht entdecken können. Mit jedem Ton entwickle ich eine immer tiefergehende Freundschaft zu diesem wunderbaren Instrument.

DSM: Das Programm des Konzertabends am 6. Dezember in Hamburg habt ihr selbst zusammengestellt. Was wird uns erwarten? Gibt es etwas, was ihr dem Publikum vor dem Konzert mitgeben wollt?

Alex Jussow für das Malion Quarett: Wir haben an diesem Abend zwei Erstlingswerke im Programm, die beide größtenteils in einem jugendlich-frischen Gestus komponiert sind: das op. 18/1 von Beethoven und Mendelssohns op. 12. Umrahmt werden diese Werke von zwei kleineren Stücken, die sich auf Aktuelles beziehen: Valentin Silvestrov, dessen „Ikone“ wir am Anfang spielen, musste dieses Jahr als 85-Jähriger vor dem Krieg in der Ukraine fliehen und lebt derzeit in Berlin. Den Schluss des Abends bildet die Pastorale aus Corellis Weihnachtskonzert, mit der wir klanglich schon mal auf die kommende Weihnachtszeit einstimmen möchten.

DSM: Als Ensemble liegt euch die Musikvermittlung besonders am Herzen. Dabei versucht ihr, neue Wege zu gehen. So habt ihr z. B. die Konzertreihe „Was hat Beethoven mit mir zu tun“ initiiert und wurdet für eure Verfilmung von Beethovens „Große Fuge“ für den Opus Klassik 2022 nominiert. In diesem Jahr habt ihr zudem euer eigenes Musikfestival, das Malion Musikfestival, gegründet, bei dem sich jeden Abend einem einzigen Streichquartett spielerisch angenähert wird, bevor es zur Aufführung kommt. Woher kommt diese Leidenschaft für die Musikvermittlung? Warum findet ihr diese Art der Vermittlung besonders wichtig und was bewirkt sie beim Publikum? Verändert sich durch bzw. innerhalb dieser Projekte eure eigene Beziehung zur Musik?

Bettina Kessler für das Malion Quartett: Durch die langen Lockdowns hatten wir plötzlich viel mehr Probenzeit und haben angefangen, noch detailreicher zu proben als früher. Wir haben uns exzessiv dem „Zeitlupenspiel“ gewidmet und dabei die unglaublichsten Wendungen, Modulationen und Akkordschichtungen gefunden, die wir unmöglich für uns selbst behalten konnten. Bisweilen haben wir zehn Stunden am Tag zusammengespielt und manchmal, wenn schon ein großes Maß an Konzentration aufgebraucht war, entstand eine spannende Stimmung zwischen übriggebliebener Seriosität und neuer kindlicher Freiheit... In diesen Momenten gibt es bei allen einen spontanen Impuls, die Musik, die wir gerade spielen, zu verzieren, harmonisch etwas zu verändern, vielleicht einen Trugschluss einzufügen und in Improvisation überzugehen... bis wir manchmal vor Lachen nicht mehr spielen können. Da entstand in uns immer mehr der Wunsch, den Menschen zu zeigen, wie wir proben und uns selbst der Musik annähern. Wir wollten gerne etwas zeigen und vermitteln, das man nirgendwo nachlesen kann, sondern das nur durch das Zuhören erlebbar wird. Das Publikum reagiert mit größter Freude auf dieses Konzept und nach einem Konzert, in dem nur ein einziges, frühes Haydn-Quartett auf dem Programm stand, sagte ein Zuhörer im Anschluss: „Ich habe heute Haydn zum ersten Mal wirklich richtig wahrgenommen.“ Das macht uns als Musiker:innen unendlich glücklich. Für uns selbst verändert sich das Spielen derjenigen Werke, die wir für diese Art von Konzerten vorbereitet haben, ganz wesentlich: Die Nähe zu den Tönen lässt alle Gedanken an „richtig“ oder „falsch“ verschwinden. Jede Note hat für uns ihre ganz eigene Bedeutung im großen Kontext bekommen. Im Konzert am 6. Dezember im Körber Forum werden wir zwei Zeitlupeneinblicke in Beethovens op.18/1 geben.

DSM: Und wer wissen möchte, woher der Name „Malion Quartett“ stammt, kann gerne nach dem Konzert mit den Musiker:innen ins Gespräch kommen. Sie freuen sich auf Ihre Fragen und Assoziationen!

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